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Vorgeschichte Viele werden das Gefühl kennen: man fährt ein oder auch mehrere Boote, lernt ihre Vorteile schätzen, die Nachteile ignorieren und gewöhnt sich ein. Manchmal aber spürt man das Nagen eines Gedankens: Zaghaft zuerst, doch mit der Zeit immer stärker werdend, wächst der Wunsch nach einem ganz speziellen Boot, eins nach den eigenen Vorstellungen konstruiert und gebaut. Vorsicht! Der anfänglich so unschuldige Gedanke kann leicht schnell zur Manie werden. Der oder die arme Betroffene zeigt dann bald typische Symptome, so wie das Verschlingen von Bootsbauliteratur, nächtelanges Brüten über Planskizzen und schier endlose Diskussionen mit Gleichgesinnten, sofern man in der glücklichen Lage ist, welche zu finden und nicht die unbeteiligten Nächsten mit seinem unerschöpflichen Thema quälen muß. Manchmal wird der Gedanke in die Tat umgesetzt. Der folgende Text erzählt von einem solchen Fall. Es ist eine Geschichte, voller Irrungen, Fehlschläge und mühsamer aber tief befriedigender Erfolge. Es begann bei mir eigentlich ganz harmlos mit der Suche nach einem eleganten, schnellen Eskimokajak. Das war vor fünfzehn Jahren, ich hatte wenig Geld und das Angebot an Booten, zumal an gebrauchten, die ich mir leisten konnte, war recht eingeschränkt.
Erster Misserfolg Zufall und die Sammelleidenschaft des Vaters führte mich zu einem Bootsriss in Hugo Schmidts "Das Kajak "(1928), der ein umgezeichnetes Boot westgrönländischer Bauart darstellt. Dieses Boot baute ich voller Enthusiasmus mit den Massen 550x58 cm nach, als Holzboot in Leichtbauweise mit 1,5 mm Flugzeugsperrholz auf einem spillerigen Gerüst aus Kiefernrundstäben und -leisten mit Sperrholzspanten. Abschottungen und Decksluken waren vorgesehen. Der Rumpf wurde mit dünner Glasmatte überzogen, geschliffen, lackiert, probegefahren und nie fertiggestellt. Mühe und Geld waren verschwendet; der Riss taugte nicht viel und beim Bau hatte ich an entscheidenen Stellen geschlampt. Zweiter Misserfolg Einige Jahre später war der Fehlschlag soweit verdrängt, dass ein neues Projekt zunehmend Hirnschmalz einfordern konnte: ein faltbarer Eskimokajak sollte es nun sein. Als Boot für Ferien- und Gepäckfahrten benutze ich seit langem einen 450 S von Pionier, einer leider eingegangenen Faltbootwerft, die seinerzeit ausgezeichnete Boote baute. Der Einer läuft gut und schluckt unglaubliche Mengen Fahrtengepäck, ist aber relativ voluminös und langsamer als schmale, modernere Boote. Christian Altenhofers Buch "Der Hadernkahn" und die darin abgebildeten, teilweise selbstgebauten Boote waren wohl der entscheidende Auslöser. Nun wurden alle erreichbaren Risse geprüft und es wurde ein Boot entworfen, das den hochfliegenden Ansprüchen genügen sollte. Diese Phase dauerte etwa zwei Jahre, in denen ständig Änderungen erfolgten. Letzlich war es ein Klepper Aerius Zweier, der die dann gebaute Konstruktion bestimmte. Ich schlachtete ein altes Boot aus, da mir die Beschläge gut gefielen und ich mir nicht zutraute, Ähnliches selbst herzustellen. Obendrein liessen sich die Bordwände mit kleinen Änderungen wie dem Versetzen der Spantbefestigungen und dem Kürzen der Länge wiederverwenden. Das Kajak - Njörd - hat eine Länge von 5,00 m und eine Breite von 55 cm sowie ca. 260 l Volumen (zzgl. Gerüst und Haut). Die Steven fallen in sich gerade mit grossem Überhang aus, so dass die Wasserlinie etwa 4,40 m beträgt.
Ein Deckstab verleiht dem Vorderdeck eine nur geringe Firstung, die einerseits den Wasserablauf sichern soll, aber andererseits der geringeren Windanfälligkeit halber möglichst flach sein sollte. Die Sitzluke ist ein formverleimtes Holzteil, das mit Klepperbeschlägen analog zum Aerius mit dem Bootsgerüst verbunden wird. Die Befestigung der Haut habe ich ebenfalls genauso gemacht. Die Luke selbst ist ca. 70 cm lang, hinten abgerundet, vorne spitz (um der Firstung des Vordecks folgen zu können) und wurde der Luke eines Pionier-Wildwasserfaltbootes nachgebaut. Einmal dabei Material zu recyclen, baute ich einen Leiterkiel aus dem alten Klepperteil. Das bewirkte einen relativ runden Hauptspant und einen sehr geringen Kielsprung ... und war der Grund sofort nach Fertigstellung und Probefahrt des Bootes, einen komplett neuen Kiel als Mittelkiel, neue Spanten und eine neue Haut zu bauen, so dass von dem ursprünglichen Boot nicht sehr viel nachblieb. Aber warum nun das? Das Boot war vor dem Umbau sehr rank, hatte viel Freibord, lief partout um keine Kurve (jedenfalls nicht ohne anzukanten) und war sehr luvgierig.
Schadensbegrenzung Um dem abzuhelfen, bekam der Mittelkiel nun einen deutlichen Sprung und zusätzlich eine am Heck angesetzte Flosse. Für diese stand der Hartl-Kajak Pate, sie ist also ein voll integrierter Teil des Rumpfes. Um das Gerüst trotzdem ins Heck zu bekommen, ist der Hecksteven (wie auch der Vorsteven) geteilt ausgeführt, das heisst, ein Teil verbleibt beim Abbau in der Haut. Dies hat den grossen Vorteil, dass man eine Metallschiene auf die empfindlichen Steven schrauben kann und so einen optimalen Schutz erhält. Dieses Bauprinzip habe ich mir bei meinen Pionierbooten abgeschaut. Das geringere Volumen tief im Unterschiff, bedingt durch die Verringerung der Kielbreite, sowie der Umstand, dass der Verlauf der Senten beibehalten wurde, bewirkte im Endeffekt eine deutlich höhere Anfangsstabilität. Ein grosses Problem bestand für mich in der Herstellung der Haut. Nach schlechten Erfahrungen mit einer aus PVC-Plane gefertigten ersten Haut, entschied ich mich im zweiten Anlauf Hypalon zu probieren. Aber schon die Beschaffung ist knifflig. Endlich bekam ich beim Hersteller einen Restposten zweiter Wahl, dessen Mindestmenge aber gleich für mehrere Boote reichte. Die geringe Dehnbarkeit machte es erforderlich ein Unterwasserschiff aus drei Bahnen zu bauen, um eine faltenfreie, glatt anliegende Haut zu erhalten. Die Bahnen wurden 3 cm überlappend verklebt und zweifach vernäht. Zur Abdichtung und als Scheuerschutz kamen Kielstreifen darüber. Das Deck ist aus blauem Baumwollgewebe, 450 g/m² mit einem Stück Hypalon vor der Luke, um die Knie vor durch die Baumwolle dringende Nässe zu schützen. Das nun endlich fertiggestellte Kajak verdient diese Bezeichnung, sieht hinlänglich elegant aus und weist zufriedenstellende Fahreigenschaften auf. Insbesondere die Größe der Flosse ist (durch Zufall, nicht durch Berechnung) optimal und erlaubt zusammen mit leichtem Gepäcktrimm ein windneutrales Fahren. Auf ein Steuer mußte ich verzichten, obwohl ich es an meinem Pionier nicht missen möchte. Das Problem der Befestigung, stabil und an einer sinnvollen Stelle, konnte ich aber nicht lösen. Gleiches gilt leider für ein Skeg. Es ist schon ein wenig ärgerlich, dass ich jedesmal anlanden muß, um das Boot je nach Wind mittels Gepäck zu trimmen. Die Kursstabilität in Wellen ist noch gut, die Wendigkeit ausreichend. Insgesamt fühle ich mich im Wellengang deutlich wohler als im Pionier 450 S und fand das Kajak trotz der kleinen Mängel wohlgelungen.
Und noch einmal ...
Sei es, das ich schwer zufriedenzustellen bin, sei es notorische Bauwut, schon bald gefiel mir das eine oder andere Detail dann doch nicht mehr. Gerüstteile erschienen mir zu plump und zu schwer, die Deckslinie hätte eine Kleinigkeit mehr Sprung aufweisen können ... Neue Pläne wurden gezeichnet und verworfen, andere Detaillösungen ersonnen und es wurde viel gegrübelt. Dann erhielt ich Lorenz Mayrs unschätzbar wertvolles Buch und schon fanden viele Probleme eine schnelle Klärung. An dieser Stelle möchte ich Lorenz noch einmal meinen Dank und meine Bewunderung für diese komplette und mit Freude zu lesende Bauanleitung aussprechen. Weil man ja aber seinen eigenen Dickkopf hat, wollte ich von einigen meiner bisherigen Lösungen doch nicht abrücken. Beibehalten wollte ich vor allem die Teilung der Steven, die Aussteifung des Bootskörpers mit Bordwänden statt Diagonalstreben und Unterzügen, sowie meinen Holzsüll. Voll Tatendrang wurden Eschenbohlen aufgesägt, Aluminiumprofile zu Beschlägen verarbeitet und schon bald nahm das neue Gerüst Form an. Ich richtete mich dabei weitgehend nach dem Lesebuch, beschreibe im Folgenden also hauptsächlich abgewandelte oder darin gar nicht enthaltene Lösungen. Die verwendeten
Materialstärken waren durch die erhältlichen Alu-Profile bedingt und wurden
immer eher gering gehalten, um das Gewicht nicht zu stark anwachsen zu
lassen. Der Kiel hat einen Querschnitt von 24 x 24 mm, die Bordwandleisten
12 x 15 mm und die Deckstäbe und Senten 15 x 15 mm. Die Spanten und die
Steven wurden aus 12 mm Birkenmultiplex (9-schichtig wasserfest verleimt
nach AW 100) mit einer Stichsäge geschnitten. Das Dach der Hauptspanten
je vor und hinter der Luke ist gedoppelt, was wohl nicht unbedingt nötig
ist, aber vorn einen sehr angenehmen Kniehalt bewirkt. Die verwendeten Materialstärken waren durch die erhältlichen Alu-Profile bedingt und wurden immer eher gering gehalten, um das Gewicht nicht zu stark anwachsen zu lassen. Der Kiel hat einen Querschnitt von 24 x 24 mm, die Bordwandleisten 12 x 15 mm und die Deckstäbe und Senten 15 x 15 mm. Die Spanten und die Steven wurden aus 12 mm Birkenmultiplex (9-schichtig wasserfest verleimt nach AW 100) mit einer Stichsäge geschnitten. Das Dach der Hauptspanten je vor und hinter der Luke ist gedoppelt, was wohl nicht unbedingt nötig ist, aber vorn einen sehr angenehmen Kniehalt bewirkt. Das Boot erhielt 8 Spanten, um den dünnen Bordwänden genug Formstabilität zu verleihen. Beim nächsten Mal würde ich noch mehr einbauen, um einen Verzug der Bordwände zu verhindern: wenn die Haut nass wird, übt sie große Kräfte aus, die leicht zu unschönen Knicken der Bordleiste an den Spanten führen können. Leider wird durch mehr Spanten das Gepäckverstauen nicht einfacher, aber man könnte dafür mit dem Querschnitt etwas heruntergehen. Der Anschlag der Spanten erfolgt teils mit Klepperbeschlägen und teils mit beiderseits des Kiels unter einen darauf geschraubten Querriegel greifenden Winkelprofilen. Der Spant wird schräg angesetzt, geradegestellt und durch einen in Spanttiefe hinter dem Riegel befestigten Klotz auf dem Kiel fixiert. Eine Stift-Buchsen-Halterung an den Bordwänden hält den Spant unverrückbar in seiner Lage fest. Letztere Befestigungsart liess sich aufgrund der beengten Platzverhältnisse nicht bei dem ersten und letzten Spant ausführen, weshalb dort Klepperteile Verwendung fanden. Die Senten liegen in Aussparungen der Spanten und sind bisher nicht weiter befestigt, was sich bald ändern soll, da beim Aufbau manchmal Probleme durch die aus den Aufnahmen herausrutschenden Senten auftreten. Sie laufen nicht bis zu den Steven durch, sondern enden an den jeweils letzten Spanten. Dort greifen sie mit Haken in Löcher an einem Winkel. Der Süll ist ein formverleimtes Holzteil, in dessen innen verlaufende Nut das aufgedoppelte Deck gesteckt wird, analog zu älteren Klepperbooten. Er hat keine weitere Befestigung am Gerüst, da er nur zum Halten der Spritzdecke dient. Den Halt des Fahrers übernimmt im wesentlichen der Hauptspant. Da
das alleine aber nicht so ganz ausreicht, sind noch Beckenstützen im Boot
angebracht. Diese werden mit gelochten Winkelbeschlägen über nach vorn
ragende Stifte im Hauptspant nach hinten geschoben. Am Spant hinter dem
Sitz dienen Schraubenköpfe als Halt für Winkel mit nach aussen zeigenden
Schlitzen. Sind die beiden Beckenstützen nach aussen hinter die Schraubenköpfe
geschoben und so fixiert, muss noch eine Sicherung das Zurückgleiten verhindern.
Dies geschieht bei mir durch eine verkleinerte Klepperrückenlehne, hauptsächlich wegen der sehr haltbaren und leicht zu lösenden Befestigung, die das dauernde Gepäckladen stark vereinfacht. Der Sitz selbst ist ein uralter Sperrholzformsitz aus einem Ruderskiff (In Bootshäusern fragen, manchmal liegt so etwas in der Ecke). Leider zeigte sich, dass, obwohl die Fussballen auf einem Spant ruhen, schon nach kurzer Zeit die Beine einschlafen. Abhilfe brachte eine zusätzliche Fersenstütze. Diese ist auf dem Kiel mit Schraube und Flügelmutter befestigt und besteht aus einem auf einer Alu-Schiene sitzenden Brettchen. Selbiges ist schräg angebracht und verrundet. Zwecks Anpassung an verschiedene Beinlängen (oder Sitzpositionen) ist die Schiene mit Löchern versehen. Die Maße des Bootes: 5,2 m lang, 55 cm breit, geringste Seitenhöhe 19 cm, Luke 66 X 42 cm. Die Haut ist wieder aus mehreren Bahnen genäht. Für das Unterwasserschiff sind es drei Bahnen hypalonbeschichtetes Trevira, die dem Sentenverlauf folgend auf Stoss zickzack vernäht sind. Aussen ein Kielstreifen und innen ein Gewebeklebeband machen die Naht wasserdicht und schützen vor Abrieb. An den Steven ist die Haut aufeinandergelegt und von links zusammengenäht. Der so entstandene Überstand liegt in einer Nut des Steventotholzes und wird durch die aussen aufgeschraubte Messingschiene darin gehalten. Dies Prinzip hat einen grossen Vorteil: die starken Zugkräfte, die beim Spannen des Hebelkiels entstehen, werden über das Totholz auf die Länge der Stevennaht verteilt und müssen nicht nur in der Stevenspitze aufgefangen werden. Das Deck
besteht aus 450 g/m² starker, sehr dicht gewebtem Baumwolle-Polyester-Gemisch
[Volker hat dies erst später herausbekommen - es funktioniert trotzdem
ohne Einschränkungen! - M.G.]. Wenn man den hohen Preis bei Klepper
oder Sport-Zimmermann für Originalware vermeiden möchte, kann man z. B.
bei Zeltherstellern wesentlich günstiger vergleichbares bekommen, muss
aber auf das klassische Blau verzichten. Nach reiflicher Überlegung habe
ich doch ein fast weisses Material genommen. Auch wenn es schon jetzt
ziemlich eingeschmuddelt ist, kann man es ja ausbürsten. Vor allem ist
es hell im Boot! Vorbei die Zeit, wo ich mit Taschenlampe in den Spitzen
nach Kleinkram oder möglichen Schäden suchte. Das Deck ist an Bug und
Heck sowie vor der Luke mit dünnem Hautmaterial verstärkt, in erster Linie
aus ästhetischen Gründen. Das Deck ist wiederum von links mit dem Unterwasserschiff vernäht. Ein dazwischengelegtes, vorher auf das Deck geheftetes Baumwollnahtband bringt ein bisschen Farbe in die ansonsten recht graue Angelegenheit. Ebenfalls vorher auf das Deck geheftet und zwischen Deck und Unterwasserschiff liegend sind mehrere D-Ringe an Schlaufen befestigt. Diese einfach auf das Deck zu nähen, wollte mir wegen der vermeintlich zu geringen Festigkeit des Deckstoffes und möglichen Zerreissens des Decks in unpassenden Momenten nicht gefallen. Das sehr niedrige Boot läuft sehr leicht, sackt aber bei hoher Geschwindigkeit mit dem Heck weg und saugt sich fest. Abgesehen davon und den Bestimmungszweck des Kajaks berücksichtigend, der nicht im Rennen liegt, bin ich bisher noch sehr zufrieden. Sogar so zufrieden, das ich immer noch nicht mit dem Planen eines Nachfolgemodells begonnen habe. Obwohl es reizwoll wäre, das Kajak zu einem langfahrttauglichen umzuzeichnen. Etwas höher, etwas breiter ...
Fazit Es ist durchaus möglich, taugliche Faltkajaks mit einfachen Mitteln im Eigenbau herzustellen. Nötig sind nur ein wenig handwerkliches Geschick und viel Geduld, damit man sich von den höchstwahrscheinlich auftretenden Rückschlägen nicht entmutigen lässt. Jedem, der
schon einmal mit dem Gedanken eines Kajakbaues geliebäugelt hat, kann
ich nur raten, damit schnellstmöglich anzufangen. [mehr Bilder? Zwei Falt-Eskis auf der Schwentine]
Disclaimer: Copyright liegt beim Autor.
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